Die neuen Modelle 2004 von IWCGeorges Kern im Gespräch mit Michael Friedberg
Als Georges Kern ("GK") im Januar 2002 CEO der International Watch Company Schaffhausen wurde, war er der jüngste CEO aller grösseren Schweizer Uhrenunternehmen. Er besticht durch seine Führungsqualitäten ebenso wie durch seine aussergewöhnliche Intelligenz. In diesem Exklusivinterview spricht er über die Entwicklung, die Strategien und die neuesten Modelle von IWC.
Michael Friedberg ("MF"): Sie sind nun bereits seit mehr als zwei Jahren CEO von IWC Schaffhausen. Als Sie mit Ihrer Arbeit begannen, erzählten Sie uns, dass Sie von den aussergewöhnlichen Fähigkeiten im Bereich Konstruktion und dem hervorragenden Know-how des Unternehmens beeindruckt seien. Welches sind Ihrer Meinung nach die Errungenschaften von IWC über diese zwei Jahre hinweg? Wohin hat sich das Unternehmen begeben und wie hat es sich entwickelt.
GK: Wir haben die technischen Fähigkeiten weiterentwickelt, einschliesslich der Einstellung neuer Mitarbeiter. Heute arbeiten in der Technologieabteilung vierzehn Personen an neuen Entwicklungen.
Gleichzeitig haben wir neue Stärken geschaffen. Wir haben unser Marketing stark verbessert. So konnten wir den weltweiten Absatz mit Hilfe von grossartigen Marken-Vertretern bedeutend erhöhen. Zudem haben wir unsere Geschäfte weiterentwickelt. Diese zeigen sich heute viel besser, mit besseren Managementkontrollen.
Daraus ergibt sich eine Intensivierung unserer alten wie neuen Stärken.
MF: Ich habe gehört, dass der Absatz von IWC gut war, trotz der allgemein schwierigen Marktbedingungen.
GK: Wir haben weltweit Marktanteile dazu gewonnen und unsere bestehenden Märkte ausgebaut. IWC ist immer noch eine Nischenmarke – und wir sind gut auf unserem Gebiet.
MF: Für den SIHH hat IWC dieses Jahr viele neue Modelle auf den Markt gebracht. Sie haben eine neue Produktlinie – die Aquatimer — hervorgebracht und die gut gehenden Portugieser-Modelle bedeutend verbessert. Und es gibt auch neue Da Vinci und Portofino-Modelle.
Über so viele neue Modelle zu verfügen, ist aussergewöhnlich. Können Sie uns etwas über die Absichten erzählen, die zu so vielen neuen Produkten führten?
GK: Es gibt verschiedene Tätigkeitsbereiche, und wir müssen unseren Produkten Sorge tragen.
Zum Ersten mussten wir einige Modelle im Hinblick auf ihre Ästhetik neu gestalten – so mussten einige Modelle wie die Portofino und die Da Vinci beispielsweise vergrössert werden.
Zum Zweiten müssen wir unsere Produktlinien weiterhin klar auf dem Markt positionieren. Beispiele dafür sind die Flieger und Aquatimer-Linien, wo wir klare Aussagen machen und den Funktionsbereich klar festlegen. Parallel dazu bringen wir aber auch Uhrenspezialitäten hervor. Eines unserer Ziele ist die Entwicklung von besonderen Komplikationen.
MF: Trotz dieser Vielfalt an neuen Angeboten zieht sich so etwas wie ein roter Faden durch die Produktlinien. Alle verfügen über grossartige Konstruktionen. Die Aquatimer bestechen durch eine innovative Gehäusekonstruktion, aber auch durch neue Komplikationen und komplexe Uhrwerke. Möchte IWC vor allem das Image eines "technischen" Uhrenunternehmens fördern?
GK: Gewiss. Technik und Konstruktion gehören zu unseren traditionellen Werten und wir glauben an die Technik. Wenn wir nicht gerade Uhrwerke entwickeln, arbeiten wir an Gehäusekonstruktionen. Wir möchten in jedem Preissegment Mehrwert schaffen.
Beispiele dafür sind die drehbare Lünette und die Druckknöpfe bei den neuen Aquatimer-Modellen. Wir möchten in allen Bereichen zeigen, dass wir mit Technik Mehrwert geschaffen haben.
MF: Im Falle der Aquatimer sagen die Leute, dass die Verbindung zur Cousteau-Gesellschaft ein Geniestreich gewesen sei. Können Sie uns erzählen, wie es dazu kam?
GK: Dafür sind rationale Gründe verantwortlich. Zum ersten Mal hatte die Cousteau-Gesellschaft einen Unternehmenssponsor. Sie sind in den Bereichen Wasser und technische Entwicklung führend. Sie sind im Wasser, und sie sind Taucher. Es macht für uns wirklich Sinn, mit einem solchen Tauchunternehmen verbunden zu sein.
Kommt hinzu, dass die emotionale Bindung stärker wird. Das Cousteau-Team ist fantastisch. Wir mögen uns. Wir mögen ihre Philosophie, die Schönheiten zu zeigen und zu sagen, "das ist es, was wir schützen müssen". Wir glauben daran und haben denselben Zugang zum Thema.
MF: Zielen die Aquatimer auf einen speziellen Markt ab? Ich kenne verschiedene Nicht-Taucher, die auch solch eine Uhr kaufen möchten.
GK: Ja, klar. Es handelt sich um eine Outdoor-Uhr. Wie im Falle unserer Pilotenuhr auch werden ungefähr 95% der Käufer Nicht-Taucher sein.
Wir verfügen einerseits über ein starkes Aquatimer-Modell aus Titan, anderseits aber auch über ein elegantes Sportmodell aus Stahl mit praktischen Zifferblättern. Man kann die Aquatimer sehr gut zu einem Anzug tragen. Doch diese Uhr hat eben auch ihre technischen Merkmale wie die drehbare Lünette und die Fähigkeit, grossen Tiefen zu widerstehen. Ich glaube allerdings schon, dass diese Uhren die meiste Zeit über Wasser getragen werden.
MF: Ich prophezeie mal, dass die Nachfrage nach den Aquatimer-Modellen das Angebot bei Weitem übersteigen wird. Hat IWC Schritte unternommen, um die Produktion zu erhöhen?
GK: Bei IWC bestimmt das Produkt die Limite. Diese ist mit der Anzahl Uhren, die wir produzieren können, erreicht. Die Erhöhung der Produktion ist ein fortlaufender Prozess, den wir nicht über Nacht durchführen können.
Für die neuen Aquatimer müssen wir die Gehäuse selbst herstellen. Das ist schwierig, und es gibt niemanden in der Industrie, der uns dabei helfen könnte. Aufgrund dieser Produktionseinschränkungen entsteht eine natürliche Obergrenze, mit der wir zu leben haben.
MF: Zur selben Zeit produziert IWC drei neue Portugieser-Modelle – die Portugieser Automatic, die Tourbillon Mystère sowie die unglaubliche Minutenrepetition "Squelette". Die ersten zwei basieren auf dem Kaliber 5000-Uhrwerk. 2002 erzählten Sie uns, dass IWC nicht über genügend Uhrmacher für die Herstellung eines derart speziellen Uhrwerkes verfüge. Sind nun die Kapazitäten, um dieses Uhrwerk selbst zu produzieren, gestiegen?
GK: Wir haben die Produktion von Uhren, die dieses spezielle Uhrwerk benutzen, leicht gesteigert. Abgesehen von der Tourbillon verfügen wir nun über drei Uhren, die das Basiskaliber 5000 benutzen. Dazu gehören die Grosse Pilotenuhr, die Portugieser Perpetual und nun auch die Portugieser Automatic.
Wir konnten vier oder fünf Uhrenmacher in die Herstellung dieser Uhrwerke verlagern. Aber wir sprechen immer noch von einer sehr geringen Stückzahl und nicht von Tausenden von Uhren. Auch hier gibt es Produktionslimiten.
MF: Es scheint, als würde IWC ein sehr breites Publikum ansprechen – von jenen, die sich für ganz neue Komplikationen wie den Split-Minute Chronographen interessieren, über den Sportfan, bis hin zum Kenner, der Tourbillons, Repetitionen und skelettierte Uhren bevorzugt. Dies umfasst auch ein weites Preisspektrum. Gibt es den typischen IWC-Kunden?
GK: Wir haben uns immer an ganz unterschiedliche Publikumssegmente gerichtet. Wir haben nun schon seit Jahren Tourbillons, Grande Complications und Repetitionen. Wichtig ist es, glaubwürdig zu sein, ob die Uhr nun $ 2,000 oder $ 200’000 kostet. Wir haben den Vorteil, dass sämtliche unserer Preisniveaus akzeptiert werden.
Selbst unsere Erstmodelle geben Ihnen das Gefühl von "Probus Scafusia". Sie können irgendeine unserer Uhren anschauen, und Sie werden sagen "das ist typisch IWC". Niemand zweifelt bei unseren Modellen am technischen Wert.
MF: IWC scheint mit ihren Fliegeruhren die Lüfte und mit den Taucheruhren die Meere erobert zu haben. Wird das Unternehmen nun auch versuchen, das Land zu erobern?
GK: Warum nicht? (lacht)
MF: Das ist eine gute Antwort. Ich danke Ihnen herzlich für die Zeit, die Sie mir zur Verfügung gestellt haben, und für die Unterstützung der IWC-Sammler auf der ganzen Welt. Wir freuen uns auf die Zukunft.