Fall JaquetSchweizer Uhren-Skandal wird juristisch aufgearbeitet
In Neuenburg in der Schweiz hat der Prozess gegen den ehemaligen Uhrenfabrikanten Jean-Pierre Jaquet begonnen. Das Neuenburger Wirtschaftsstrafgericht untersucht bis zum 3. Oktober 2008 den größten Skandal der Schweizer Uhrengeschichte. Die 15.000 Seiten der Untersuchungsunterlagen füllen über 80 Ordner.
Auf der Anklagebank sitzen neben dem Chef der gleichnamigen Firma Jean-Pierre Jaquet weitere 14 Angeklagte. Den Beklagten werden fünf Jahre nach dem Auffliegen der Affäre Uhrenfälschungen und Goldraub vorgeworfen sowie in unterschiedlichem Umfang Diebstahl und Hehlerei. Zwei von ihnen sind dem Prozess ferngeblieben; sie leben im Ausland.
Der Fall hatte in der Uhrenindustrie für großes Aufsehen gesorgt. Ausgelöst wurde er durch die Verhaftung eines Angestellten der Uhrenfabrik Ulysse Nardin in Le Locle im Frühling 2003. Der Angestellte wurde des Diebstahls beschuldigt. In der gleichen Periode wurde auch der Chef eines Uhrenschleifwerks in La Chaux-de-Fonds inhaftiert, dem zehn Kilogramm Gold gestohlen worden waren.
Im Oktober 2003 war schließlich der Uhrenindustrielle JeanPierre Jaquet an der Reihe. Er wurde wegen des Verdachts auf bandenmäßigen Raub, Anstiftung zum Raub, Hehlerei und Warenfälschung verhaftet. Seine Firma wurde von der Polizei durchsucht, er selber saß nach seiner Verhaftung über 14 Monate in Untersuchungshaft. Nach seiner Freilassung im Dezember 2004 hatte JeanPierre Jaquet erklärt, dass er fälschlicherweise als Bindeglied zwischen all den von der Justiz untersuchten Delikten angesehen werde. Die Anklageschrift zeigt nun aber, dass JeanPierre Jaquet möglicherweise doch eine weit weniger zentrale Rolle in der Affäre gespielt hat als zunächst vermutet wurde.
Mehrere der Angeklagten werden sich aber wegen zweier bewaffneter Raubüberfälle auf Goldtransporte der Firmen Rolex und RSM Décolletage vorgeworfen. Dabei waren 2002 aus Uhrenfirmen in La Chaux-de-Fonds und Le Locle fast 40 Kilogramm Gold gestohlen worden. Auch sollen die Angeklagten unter anderem Luxusuhren von Marken wie Franck Muller, Piaget oder Rolex gestohlen und anschließend weiterverkauft haben. Bestandteile von gestohlenen Uhren wurden auch zur Herstellung von Fälschungen benutzt.
Befragt vom Gerichtspräsidenten Francois Delachaux gaben die Angeklagten zum Auftakt des Prozess - mit Ausnahme von JeanPierre Jaquet - schwierige Lebensverhältnisse an. Letzterer bezeichnete sich angesichts des stattlichen Familienvermögens als Millionär. Wie die anderen bestreitet JeanPierre Jaquet die Vorwürfe weitgehend.
Der damals geschädigte Luxusuhrenhersteller Rolex ist in dem Prozess wie die Uhrenfirma Grisogono Zivilpartei. Zwei andere Hersteller, Ulysse Nardin und Franck Muller, haben ihre Klagen zurückgezogen. Der Prozess soll rund fünf Wochen dauern.