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Uhrmacherei muss aufrichtig seinExklusivinterview mit François-Henri Pinault während der Girard-Perregaux Ausstellung

Ein Jahr nach der Übernahme der traditionsreichen Schweizer Uhrenmarke Girard-Perregaux eröffnete François-Henri Pinault, CEO der PPR Group, die Ausstellung "L’art de marquer le temps“ (The art of marking time) bei Christie’s in Paris.

In einem Exklusivinterview mit der Tageszeitung Le Figaro schildert er seine Strategie im Bereich der Uhrenbranche.

Es ist ein Sommertag in einem erstaunlich sonnigen, fast menschenleeren Paris. Nachmittags, vier Minuten nach fünf, treffen wir den CEO eines der führenden französischen Konzerne der Luxusgüterbranche. François-Henri Pinault empfängt uns in seinem Büro im zweiten Stock des PPR-Hauptsitzes in der Avenue Hoche. Auf den ersten Blick wirkt „FHP“ – so nennt ihn sein Team – anders als viele seiner Kollegen: Seine Macht scheint ihn nicht vom wirklichen Leben oder von anderen Menschen zu trennen. Dieser Mann, der 2005 den von seinem Vater gegründeten Konzern übernommen hat, besitzt einen festen Händedruck, ein natürliches Lächeln und antwortet gewandt und entspannt auf unsere Fragen. Während unseres einstündigen Treffens umschreibt er seine Vision der Luxusbranche, die rational und geerdet wirkt. Kurz gesagt: eine absolut zeitgemäße Vision.

Le FIGARO: 2011 hat der Luxusgüterbereich von PPR einen Umsatz von 4,9 Milliarden Euro erzielt, obwohl Sie die Sparten Schmuck und Uhren scheinbar weniger stark weiterentwickelt haben als Ihre Konkurrenten. Wie erklären Sie sich das?

François-Henri PINAULT: Wir gründeten den Luxusbereich* mit der Gucci Gruppe in den Jahren 2001 und 2002 und haben damit Chancen genutzt, die unserer Strategie entsprachen. Damals war das Haus Gucci auf Lederwaren und Konfektionskleidung konzentriert. Zu dieser Zeit haben wir auch ein Gebot für LMH (Les Manufactures Horlogères) abgegeben, dies jedoch nicht weiterverfolgt, da der Preis zu hoch war. Gucci war eine Ausnahme, denn eigentlich bevorzugen wir die Akquise von kleinen oder mittelgroßen Marken, die in ihrem Bereich eine große Kompetenz besitzen. Nach der Übernahme verfolgen wir das Ziel, die jeweilige Marke in ihrem Markt nach vorne zu bringen, ihre Größe und Rentabilität zu steigern. PPR hat eine klare Strategie zum Aufbau des Portfolios und wir kaufen nie, nur weil etwas angeboten wird. Wenn alle unsere Marken sich entsprechend entwickelt haben, denken wir über die Stärkung unseres Portfolios nach. Tatsächlich entstanden 90 Prozent unseres Wachstums seit 2001 direkt aus unserem Konzern heraus. Wir haben im vergangenen Jahrzehnt nicht eine einzige Übernahme vollzogen. Erst 2011 haben wir das italienische Modehaus Brioni sowie die Sowind Gruppe gekauft, zu der die Schweizer Uhrenmanufakturen Girard-Perregaux und JeanRichard gehören.

Le FIGARO: Was denken Sie über die Übernahme dieser Uhrenfirmen jetzt, ein Jahr später?

François-Henri PINAULT: Girard-Perregaux ist ein sehr authentisches Haus der Haute Horlogerie mit einer beeindruckenden Fertigungstiefe bei den Uhrwerkskomponenten. Hergestellt werden klassische Automatikwerke ebenso wie große Komplikationen, Modelle mit Schlagwerk sowie das Tourbillon mit den drei goldenen Brücken. Das Unternehmen hat einen ausgezeichneten Ruf und einen hohen Bekanntheitsgrad unter Sammlern. Außerdem besitzt es großes Potential. Das gemeinsame Ziel mit Michele Sofisti, dem CEO der Sowind Gruppe, ist, Girard-Perregaux in eine Spitzenposition der Schweizer Haute Horlogerie zu führen. Daher haben wir einen herausragenden Meisteruhrmacher engagiert, Dominique Loiseau. Er arbeitet an einem neuen Ansatz für mechanische Uhren, was sehr revolutionär werden könnte. Diese Ideen präsentieren wir in ersten Modellen 2013.

Auch in Bezug auf Marketing und Kommunikation wollen wir Girard-Perregaux weiterführen. Die Ausstellung „L’art de marquer le temps exhibition“ bei Christie’s in Paris ist Teil dieser Bemühungen.

Außerdem haben wir im letzten Jahr neue Strukturen geschaffen, um zu vermeiden, dass Herstellungsbereiche voneinander getrennt ablaufen. Denn wir glauben, dass die Effektivität und Produktivität der Manufaktur gesteigert werden können. Die Kollektionen von JeanRichard wurden wieder auf ein erschwinglicheres Preisniveau gebracht, das zwischen 1500 und 2000 Euro liegt. 2012 wird die Zahl der von der Sowind Gruppe gefertigten Uhren bei 20.000 liegen und wenn alles gut läuft, können 40.000 Uhren pro Jahr hergestellt werden.

Le FIGARO: Werden Sie Synergien zwischen Sowind und anderen Marken der Gruppe schaffen, zum Beispiel mit Gucci, Boucheron oder Bottega Veneta?

François-Henri PINAULT: Solche Synergien gibt es bereits. Girard-Perregaux liefert komplizierte Uhrwerke für einige der Schmuckuhren von Boucheron und die erste Uhr von Bottega Veneta ist mit einem GP-Kaliber ausgestattet. Gleichzeitig wird GP vom Vertriebsnetzwerk von Gucci Timepieces profitieren. Und bei der nächsten Baselworld im Frühjahr 2013 werden sich GP und Gucci Timepieces auf einem gemeinsamen Stand präsentieren.

Le FIGARO: Haben Sie vor, bei PPR eine Abteilung für Schmuckuhren zu schaffen?

François-Henri PINAULT: Nein, das war noch nie unser Ziel. Wir haben einige Verbindungen geschaffen, aber wir haben nicht vor, eine spezialisierte Abteilung in diesem Bereich aufzubauen. Jede Marke soll unabhängig und ihrem eigenen Image treu bleiben. Als Yves Saint Laurent vor über zehn Jahren eigene Uhren vorgestellt hat, war das zu früh. Von einer neuen Abteilung zu träumen, wäre für uns ebenfalls zu früh. Für Hedi Slimane liegt die Priorität im Moment bei den Accessoires. Außerdem möchten wir Kannibalismus zwischen den einzelnen Marken verhindern. Als Tomas Maier die erste Uhr für Bottega Veneta kreierte, stellte er sicher, dass sie sich in das kreative Universum der Marken einfügt. Es ist ein einzigartiges, exklusives Modell für mehr als 10.000 Euro. Es spiegelt die Exklusivität der Marke, ihrer Lederwaren und Mode. Das gilt genauso für die Schmucklinie aus Gold mit Diamanten. Bei Gucci gelten andere Maßstäbe, denn die Marke steht für die größte Uhrenproduktion in der Gruppe. Im vergangenen Jahr waren es 60.000 Uhren. Dabei gilt, dass Design und Preis der Modelle zu den anderen Produkten des in Florenz ansässigen Hauses passen müssen. Es handelt sich um hervorragende Uhren – alle hergestellt in der Schweiz und angeboten in einem Preisgefüge zwischen 1000 und 3000 Euro. Frida Giannini, Creative Director von Gucci, hat eine anspruchsvolle Kollektion in den Bereichen Mode und Accessoires geschaffen und die Uhren folgen diesem Vorbild.

Le FIGARO: Wann wird man uns ein Gucci Tourbillon oder eine GG Haute Joaillerie Kollektion präsentieren?

François-Henri PINAULT: Gucci hat sich entschieden, nicht den Weg anderer Modehäuser zu gehen, die Haute Horlogerie-Uhren für zehntausende Euro anbieten. Sich dabei mehr auf die Legitimität dieser Produkte selbst als auf das Image der Marke zu stützen, erscheint mir ein langsamer, teurer und mühsamer Weg. Wir haben bereits einen Spezialisten für Haute Joaillerie, das Haus Boucheron, das echtes Potenzial als Uhrenmarke hat. Hier entstehen nur 15 Prozent des Umsatzes durch Uhren, obwohl wir wissen, dass andere berühmte Juweliersmarken 40 bis 45 Prozent mit Uhren umsetzen. Es könnte für uns sinnvoller sein, unser Portfolio durch eine Schmuckmarke oder eine Marke zu stärken, die noch stärker in der Uhrmacherei verwurzelt ist. Aber unsere Priorität ist derzeit, unsere jüngsten Akquisitionen zu entwickeln und dazu zählt natürlich Sowind.

Le FIGARO: Welche Zukunft sehen Sie für den heutigen Markt für Luxusuhren?

François-Henri PINAULT: Uhren sind nicht mehr länger Objekte, die uns über die Zeit informieren. Sie sind Objekte, die bei den Menschen Begehren wecken. Sie können ihren Trägern Selbstvertrauen geben, ihren Status bekräftigen und ein gutes Gefühl entstehen lassen. Ich glaube, dass das äußere Erscheinungsbild einer Uhr ebenso schön sein sollte wie die Mechanik, die sie antreibt. Doch gleichzeitig muss eine Uhr funktional, präzise und gut abzulesen sein. Genauso wie in anderen Bereichen unserer Arbeit muss Uhrmacherei aufrichtig sein. Die Menschen müssen in die Kompetenz des Herstellers vertrauen können, in die Qualität der verwendeten Materialien, das Design und die angebotenen Funktionen. Eine Marke muss aufrichtig sein in ihrem Marketing und in der Preisgestaltung. Aufrichtigkeit ist die eigentliche Stärke eines Luxusprodukts.

* Gucci, Bottega Veneta, Yves Saint Laurent, Alexander McQueen, Stella McCartney, Balenciaga, Boucheron, Girard-Perregaux, JeanRichard, Brioni, Sergio Rossi